Das Gedicht L'
Albatros stammt aus dem Gedichtzyklus Les Fleurs
du Mal. Es ist wohl das berühmteste Gedicht
Baudelaires und wohl eines der berühmtesten
Gedichte der französischen Literatur überhaupt.
Da Gedichte, Märchen, Romane in der Regel
nur dann diesen Bekanntheitsgrad erreichen, wenn
sie sehr vielen Leuten spontan "einleuchten", kann
man davon ausgehen, dass dieses Gedicht sehr vielen
Leuten einleuchtet. Wenn es also am Schluss heißt
der Dichter ähnelt diesem Prinz der Wolken
der dem Sturme trotzt und den Bogenschützen verlacht
dann ist der Begriff Dichter zu erweitern, denn offensichtlich fühlen sich
nicht nur Dichter angesprochen. Offensichtlich haben sehr viele Leute den Eindruck,
dass jedes Denken, Fühlen und Wollen, dass die Trivialität des Alltags
zu transzendieren sucht, in eben diesem Alltag durchaus störend sein kann.
Das Gedicht macht also objektiv eine negative Aussage, beschreibt die Welt als
einen Raum der geistigen Enge. Der Bekanntheitsgrad des Gedichtes zeigt aber
wiederum das genaue Gegenteil. Es gibt sehr viele Leute, die sich nicht in diese
enge Welt pressen lassen und so gesehen ist auch dieses, düstere Gedicht, "a
song of hope".
Souvent,
pour s'amuser, les hommes d'équipage
Prennent des albatros, vastes oiseaux des mers,
Qui suivent, indolents compagnons de voyage,
Le navire glissant sur les gouffres amers.
Oft,
nur zum Vergnügen, fangen die
Männer der Mannschaft
die Albatrosse, große Vögel des Meeres
die als träge Kameraden dem Schiff folgen
das durch die bitteren Abgründe gleitet
A peine les ont-ils déposés sur les planches,
Que ces rois de l'azur, maladroits et honteux,
Laissent piteusement leurs grandes ailes blanches
Comme des avirons traîner à coté d'eux.
Kaum haben sie sie auf die Planken gesetzt
lassen diese Könige des blauen Himmels,
ungeschickt und verschämt
wie Ruder seitwärts
ihre großen, weißen Flügel hängen
Ce voyageur ailé, comme il est gauche et veule !
Lui, naguère si beau, qu'il est comique et laid !
L'un agace son bec avec un brûle-gueule,
L'autre mime, en boitant, l'infirme qui volait !
dieser beflügelte Reisende, wie linkisch ist er, wie schwach, er
der gerade noch so schön, wie komisch jetzt und häßlich
der eine reizt mit einer Pfeife seinen Schnabel
ein anderer ahmt ihn, der einst flog und nun gebrechlich ist, hinkend nach
Le Poète est semblable au prince des nuées
Qui hante la tempête et se rit de l'archer ;
Exilé sur le sol au milieu des huées,
Ses ailes de géant l'empêchent de marcher.
der Dichter ähnelt diesem Prinz der Wolken
der dem Sturme trotzt und den Bogenschützen verlacht
ausgesetzt auf dem Boden inmitten des Spotts
hindern ihn seine mächtige Schwingen zu gehen