Bedingungssätze sind Sätze, die ein Ereignis beschreiben, das nur eintritt, wenn eine bestimmte Bedingung vorliegt. In diesem Beispiel haben wir eine ganze Reihe irrealer Bedingungsätze.
Wenn sich wieder bewegt, was erstarrt war;
wenn wieder gesagt wird, was verschwiegen wurde;
wenn wieder gesehen wird, was verachtet wurde;
wenn wieder gehört wird, was übergangen wurde;
wenn wieder gefühlt wird, wo Kälte war;
wenn wieder lebendig wird, was totgeglaubt war,
dann ist das Wunder neu geschehen.
Das Wunder wird also nur geschehen, wenn alle diese Bedingungen eintreten. Wir unterscheiden drei Typen von Bedingungssätzen.
Realis der Gegenwart
Der Realis der Gegenwart beschreibt eine Bedingung, die höchstwahrscheinlich
erfüllt wird, was dann zur Folge
hat, dass das Ereignis, das von dieser
Bedingung abhängt, sich erfüllt.
Wenn ihr den Leib ergreift, auf diesem Sterne, erfind ich euch den Sieg, auf höheren Sternen.
Wenn also der Leib ergriffen
wird, ein Ereignis, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit
von Stefan George als hoch eingeschätzt
wird, dann erfindet er den Sieg auf
höheren Sternen.
Irrealis der Gegenwart
Beim Irrealis der Gegenwart wird die Eintrittswahrscheinlichkeit wesentlich schlechter beurteilt. Das Ereignis wird sich höchstwahrscheinlich nicht realisieren und damit wird das hiervon abhängige Ereignis auch nicht eintreten.
Wenn ich Vöglein wär und auch zwei Flüglein hätte, flög ich zu dir, da es aber nicht kann sein, bleibe ich hier.
Wenn ich ein Vöglein wäre, was ich nicht bin, flöge ich zu dir. Das Ereignis wird also nicht eintreten.
Irrealis der Vergangenheit
Der Irrealis der Vergangenheit beschreibt ein Ereignis,
das definitiv nicht eingetreten ist.
Während der Irrealis der Gegenwart
ein Ereignis beschreibt, das in der
Gegenwart nicht eintritt, beschreibt
der Irrealis der Vergangenheit ein Ereignis,
das in der Vergangenheit nicht eingetreten
ist.
Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, würde ich jetzt nicht dauernd denken: "Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß."
Wem das zu lyrisch war, der bekommt jetzt noch einmal eine Zusammenfassung in Kurzform.
Realis der Gegenwart
Wenn ich Geld habe, kaufe ich mir ein Auto.
Irrealis der Gegenwart
Wenn ich Geld hätte, würde ich mir ein Auto kaufen.
Irrealis der Vergangenheit
Wenn ich Geld gehabt hätte, hätte ich mir ein Auto gekauft.
Wir haben also im Deutschen bei irrealen Bedingungssätzen
sowohl im "wenn Teil" wie auch im "dann
Teil" einen Konjunktiv, respektive einen Konditional,
der diesen ja lediglich ersetzt.
Subtil ist übrigens noch die Erkenntnis, dass wir es mit einem Bedingungssatz nur dann zu tun haben, wenn das Vorliegen der Bedingung automatisch den Eintritt des Ereignisses bedingt. Dieser Satz von Friedrich Nietzsche kann nicht als Bedingungssatz interpretiert werden.
Man
muss das Chaos in sich tragen, um einen
tanzenden Stern zu gebären.
Hier ist die Bedingung, also dass man das Chaos
in sich trägt, zwar Voraussetzung dafür,
dass man einen Stern gebiert, aber der Eintritt
dieses Ereignisses folgt nicht zwangsläufig
auf die Bedingung. Die Bedingung ist also lediglich
eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung.
Man kann diesen Satz also nicht in einen Bedingungssatz
konvertieren.
Wenn
man das Chaos in sich trägt, gebiert
man einen tanzenden Stern.
Da sich dieser Satz ja auf vielen T-Shirts befindet,
wäre es ein Zeichen intellektueller Redlichkeit,
über diesen Tatbestand aufzuklären. Einfacher
ausgedrückt. Nicht jeder, der mit zugedröhnter
Birne in der Ecke liegt, gebiert einen tanzenden
Stern.