18.1 Morphologisches Chaos im Deutschen

Es ist oft so im Leben. Wer alles will, erreicht am Ende nichts. Die Darstellung der chronologischen Abfolge wäre wichtiger gewesen, als die Distanzierung. Obendrein ist die Darstellung der Distanzierung durch den Konjunktiv nicht gerade besonders suggestiv und zwar auch dann nicht, wenn der Konjunktiv eindeutig ist. Es wäre besser gewesen, unsere germanischen Urahnen hätten die chronologische Abfolge über einen Indikativ richtig wiedergegeben und auf den Aspekt der Distanzierung verzichtet. Im Grunde wurde kein Ziel erreicht , dafür ist aber das Chaos perfekt. Das Sahnehäubchen auf dem Chaos ist dann die Morphologie, die dazu führt, dass praktisch niemand das System beherrscht.

Konfrontiert man einen Deutschen mit diesen drei Sätzen und fragt ihn, welcher richtig sei, so ist die Wahrscheinlichkeit, eine richtige Antwort zu erhalten, gleich Null.

a) Er sagt, er geht in die Schule.
b) Er sagt, er gehe in die Schule.
c) Er sagt, er ginge in die Schule.

Richtig ist b), zumindest, wenn man die grammatikalischen Regeln akzeptiert, was man aber, in Anbetracht der Tatsache, dass sich niemand dafür interessiert, natürlich auch lassen kann.

Vergegenwärtigen wir uns kurz die Regeln.
  1. Regel: In der indirekten Rede ist der Konjunktiv I zu verwenden.
  2. Regel: Ist der Konjunktiv I mit dem Indikativ Präsens identisch, ist der Konjunktiv II zu verwenden.
  3. Regel: Ist der Konjunktiv II mit dem Imperfekt identisch oder klingt er gestelzt, ist eine Konstruktion mit würde + Infinitiv zu verwenden.
  4. Regel: Für alle diese Regeln interessiert sich kein Schwein.



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